YAKA



yaka
Ist das ibu ein verträgliches, anlehnungsbedürftiges, liebes Wesen oder ist es streitsüchtig, abweisend, ja gewalttätig? Ist es heute nur darum so aggressiv, weil der Arbeits-Alptraum es neidisch, frustriert und reizbar macht? Das ist sehr wahrscheinlich. Und doch gibt es Eifersucht, verletzten Stolz, Zerstörungslust, Antipathie, Mordgier, Grössenwahn, Abenteuerlust, Jagdfieber, Rechthaberei, Raserei, Amok - denn bolo'bolo ist eine «Zivilisation» mit Grenzen und an diesen muss sich jeder stossen. Diese unvermeidlichen Frustrationen sollen sich nicht ansammeln, machtbezogen fixieren und zu Katastrophen führen. Darum braucht es vielleicht yaka. (21)

yaka ermöglicht Zwist, Streit, Gewalt und Krieg. yakas gibt es zwischen:
 

usw.

Streit soll nicht unterdrückt oder staatlich umgeformt (Justiz, Polizei, Armee), sondern an Ort und Stelle durch die Betroffenen ausgetragen werden. Wie andere Arten des Austauschs (hier von heftiger, körperlicher Berührung), werden yakas (Duelle) durch eine Reihe von allgemeinen Abmachungen so geregelt, dass katastrophale Entwicklungen vermieden werden können. Diese yaka-Abmachungen könnten etwa so aussehen:
 


Die zuständigen Streitkomitees richten die Kampfplätze ein, stellen Richter (nötigenfalls auch bewaffnete), sorgen für den Abtransport Verletzter oder Toter, schützen unbeteiligte ibus, Tiere und Pflanzen. Wenn der Herausgeforderte nicht freiwillig verzichtet, kann ein Streitkomitee von sich aus kein Duell verhindern. Es sorgt lediglich dafür, dass andere Formen des Austauschs (Reden, Geschenke, Tanzen, Rituale, «sportliche» Wettkämpfe usw.) immer möglich bleiben.

Wenn sich grössere Verbände wie bolos oder gar ganze Quartiere und Regionen herausfordern und bekriegen wollen, kann für die zuständigen Streitkomitees (regionale, kontinentale) ein beträchtlicher Aufwand entstehen, der später allerdings durch die Streithähne/hennen in Form von Lieferungen oder Fronarbeit wieder abgegolten werden muss.

Grössere Verbände können aber auch Champions wählen, die für sie kämpfen oder nur kleinere Duellgruppen delegieren. Da es kaum wirtschaftliche Gründe für solche «Stammeskriege» geben wird (sie sind im Gegenteil sehr «kostspielig»), werden sie relativ selten und wenig hartnäckig sein. Je nach ideologischen Vorstellungen dienen die yakas dem Gewinn von Ehre und Ansehen oder gehören sie sogar zum kulturellen Leben gewisser bolos. Umgekehrt können streitsüchtige bolos deswegen auch ein Ansehen einbüssen und geschnitten werden.

Es ist schwer abzuschätzen, wie häufig, wie umfassend und wie blutrünstig Duelle und Kriege sein könnten. Da sie mit vielen «Nachteilen» verbunden sind (Schmerz, Schaden, Trauer, Angst, Verlust des Ansehens) und es keine vernünftigen materiellen Gründe geben kann, werden sie Ausnahmeerscheinungen sein. Und doch können sie nicht einfach durch Sport oder Spiele «sublimiert» werden - nur wenn yakas wirklich «ernst» sind, erfüllen sie ihren Zweck (nämlich Massenkriege zu verhindern). Es ist möglich, dass einzelne bolos ohne periodische Kriege gar nicht bestehen können. Die Gewalt geht also weiter, aber nicht notwendigerweise die Geschichte.
 
 



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